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Nach der letzten Eiszeit blieb ein Kar zurück, vielleicht sogar
ein Karsee…
Wir wissen es nicht.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kamen findige Menschen auf die
Idee, einen Damm zu errichten, so dass sich ein Weiher bilden
konnte. Sicher erhofften sie sich eine weitere Nahrungsquelle –
Fische! Als sich das Wasser sammelte, löste sich der torfige
Untergrund, schwamm auf und bildete eine Torfinsel.
Seinen Namen bekam
der Weiher von den "Nunnen" oder auch "Nonnen" genannten Kühen,
die nicht gedeckt wurden und zur Milcherzeugung dienten, sondern
als Mastvieh auf die Weide beim Weiher - Nunnenmatt - getrieben
wurden.
Am 1. März 1922 geschah ein Unglück: der
künstliche Damm brach, das Wasser des Weihers stürzte zu Tal. Es
gab Verwüstungen, beschädigte Häuser in Heubronn und besonders
in Bürchau. Die Auswirkungen waren bis Langenau zu besichtigen.
Es setzte eine Art Katastophentourismus ein, Busfahrten zum
Schauplatz wurden organisiert, doch der Weiher war weg.
Er blieb für 12 Jahre verschwunden.
Anfang der dreißiger Jahre beschloss man, den Damm neu zu errichten. Am
9. und 10. Juni 1934
feierte man die „Einweihung“ des wieder aufgestauten Sees.
1975
baggerte man den See aus und entfernte große Teile der Torfinsel
aus Furcht vor Verlandung.
Ansonsten
konnte sich der Weiher und seine Umgebung für 50 Jahre
weitgehend ungestört entwickeln. Die Natur dankte es. Es entstand ein Ort,
der Naturfreunde anzog und aufmerksam werden ließ. Der Reiz
dieses besonderen Platzes wurde entdeckt. Der Wald hatte sich
ungestört ausgedehnt. Die Bäume wurzelten bis unmittelbar an die
Ufer, Äste hingen weit über die Wasseroberfläche. Der Weiher war
wie ein dunkles Auge inmitten eines dichten Waldes. Wanderer
hielten inne, atmeten die Atmosphäre und nahmen die Eindrücke
mit ins Tal.
Dieser Zustand wurde als schützenswert empfunden. Am 31.
Juli 1987 erließ das Regierungspräsidium in Freiburg eine
Verordnung über das Naturschutzgebiet Nonnenmattweiher. Diese
Naturschutzverordnung verbietet Eingriffe aller Art. Wenn man
sie liest, glaubt man den Schutzzweck erfüllt. Der Ort schien
geschützt und unverletzbar.
Dann kam Lothar. Zur Jahrtausendwende wütete ein
Jahrhundertsturm. Doch am Nonnenmattweiher fiel kein Baum. Wie
durch ein Wunder wurden die Baumriesen verschont. Der Zauber
hielt.
Um Pfingsten 2004 geschah das Unglaubliche: Zahllose Bäume
wurden ein Opfer der Kettensägen. Der See solle Licht bekommen.
Das Wasser sollte nicht länger durch herab fallendes Laub
"verschmutzt" werden…
Naturfreunde versuchten noch während der Fällaktion amtliche und
halbamtliche Naturschützer zu alarmieren. Doch der
Schwarzwaldverein blieb stumm und das Regierungspräsidium meldete
sich, nachdem alles vorbei war.
Im
Nachhinein befand es die Aktion „gerade noch in Ordnung“. Die
Empörung unter den Freunden des Weihers war groß. Leserbriefe
wurden geschrieben, es zeigte sich eine Entrüstung, mit der
vielleicht auch die Initiatoren des Einschlags nicht gerechnet
hatten. Nun sei aber auch für 20 Jahre Ruhe, äußerte sich der
Bürgermeister. Der Schaden war angerichtet, aber immerhin, der
Weiher, der Wald sollten sich für 20 Jahre wieder ungestört
entwickeln können…
Nur zwei Jahre später war die Ruhe wieder vorbei. Die
Nonnenmattweiherspur, die seit vielen Jahren bestehende
Langlaufloipe "musste" ausgebaut werden. Für die Skatingtechnik.
Sehr breit also. Quasi vierspurig. Klar, dass da wieder ein paar
Bäume im Weg waren…
Aber nicht genug. Der Wald, der die Moräne am Nordufer des
Weihers bedeckt, musste zur „Waldweide“ werden. Man
dünnte ihn aus, damit dort wieder Tiere weiden können. Natürlich
werden Badegäste jetzt auch Licht und Schattenplätze finden und
können im Sommer schön auf den Weiher hinab blicken. An
Weideplätzen bestehe eigentlich kein Mangel, wird freimütig
eingeräumt. Aber die Bäume müssen halt weg. Um Neunzehnhundert
soll es auch schon mal so gewesen sein (siehe Bild oben).
Man hat –
mit reichlichen Fördermitteln – einen gewesenen Zustand wieder
hergestellt.
Nun drängen sich dem einen oder anderen doch Fragen auf:
Wollte man, als der Weiher in den 1980er Jahren unter
Naturschutz gestellt wurde, den damaligen Zustand schützen, oder
einen vermeintlichen vorigen Zustand wieder herstellen?
Warum müssen ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet quasi
experimentell vergangene Zustände künstlich wieder herbeigeführt
werden?
Wo wird man bei diesem Unterfangen wohl inne halten?
Um Neunzehnhundert, als der Schwarzwald generell in einem
schlimmen Zustand war? Oder sollte man nicht konsequenterweise
weiter zurückgehen? Bis zur letzten Eiszeit etwa? Man hat den
Eindruck, dass manche Zeitgenossen biblische Zustände anstreben.
Wie heißt es da? „Am Anfang war die Erde wüst und leer.“
Quellen:
Die Naturschutzgebiete im Regierungsbezirk
Freiburg, Sigmaringen 1998
Ückert, Kurt, Der Nonnenmattweiher, Schopfheim 1989
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